Hoher Querschnitt, Querschnittslähmung / Tetraplegie
Eine Querschnittslähmung kann jeden Menschen ob jung oder alt treffen. Weltweit sind etwa 2,7 Mio. Menschen querschnittsgelähmt, jedes Jahr kommen 13.000 neue Fälle hinzu. In Deutschland leben circa 140.000 Menschen mit einer Querschnittlähmung – um die 2.350 neue Fälle kommen hier jährlich hinzu. Männer sind dabei häufiger betroffen als Frauen, vermutlich weil sie insgesamt gefährlicher und risikoreicher leben.
Das Ausmaß bei einer Querschnittslähmung ist abhängig von der Schwere der Verletzung und der Lage des betroffenen Rückenmarksabschnitts. Der Schweregrad der Lähmung bestimmt, auch, wie eigenständig man sich noch bewegen kann – ob man die Arme und den Kopf noch bewegen kann und ob man noch selbstständig atmen und schlucken kann.
Grundsätzlich gilt: Je höher das Wirbel- bzw. Rückenmarkstrauma, umso schlimmer das Ausmaß der Lähmung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen. Denn je höher der Querschnitt ansetzt, umso weniger kann der Betroffene eigenständig steuern. Hier spricht man dann von einem sogenannten: Hohen Querschnitt.
Pro Jahr kommen in Deutschland 25 neue Querschnittlähmungen hinzu, bei der die Betroffenen auf eine maschinelle Dauerbeatmung angewiesen sind und damit auch auf eine intensivpflegerische Betreuung.
Welche Formen der Querschnittslähmung gibt es?
Eine Querschnittslähmung ist immer die Folge einer vollständigen oder teilweisen Schädigung bzw. Verletzung der Nervenbahnen im Rückenmark: Die Schädigung der absteigenden Nervenfasern, die motorische Signale vom Gehirn an Rumpf, Beine und Arme übertragen, ziehen eine Muskellähmung nach sich. Die Schädigung der aufsteigenden Nervenfasern, die die sensorischen Informationen zum Gehirn leiten, führen zum Verlust des Gefühlsempfindens (Kälte, Wärme Schmerz, Druck u.s.w.).
Eine Querschnittslähmung kann komplett aber auch „nur“ partiell auftreten. Bei einer kompletten Lähmung = (Plegie) werden die Rückenmarksnerven komplett durchtrennt und beeinträchtigen die Muskelkraft und das Empfindungsvermögen der betroffenen Regionen vollständig. Bei einer inkompletten Lähmung (=Parese) bleibt in der Regel eine Restmotorik und eine Restsensibilität erhalten.
Basierend auf der Höhe der Rückenmarksverletzung unterscheidet man außerdem in zwei Gruppen: die Paraplegie und die Tetraplegie – wobei die Paraplegie etwas häufiger auftritt als die Tetraplegie.
- Paraplegie: Eine Verletzung in Höhe des Brust oder Lendenmarks hat eine Lähmung bzw. Funktionsstörung der Rumpfmuskulatur und der Beine, sowie den Verlust von Empfindungen wie Berührung, Druck, Schmerz und Temperatur zur Folge. Außerdem sind die Darm-, die Blasen- und auch die Sexualfunktion gestört.
- Tetraplegie: Bei einer Schädigung des Halsmarks sind zusätzlich die oberen Gliedmaßen (Arme, Hände) betroffen. Betroffene Patienten müssen zudem künstlich beatmet werden, wenn das Rückenmark auf Höhe des vierten Halswirbels oder höher unterbrochen ist.Tetraplegie wird auch als „Hoher Querschnitt“ bezeichnet.
Welche Ursachen hat eine Querschnittslähmung?
Noch vor wenigen Jahren war es so, dass die meisten Querschnittslähmungen Folge eines Unfalls waren – sei es ein Sportunfall, ein Arbeitsunfall oder ein Verkehrsunfall. Mittlerweile ist die Zahl der unfallbedingter Querschnittslähmungen in Deutschland gesunken, aber die Zahl von Menschen mit krankheitsbedingten Querschnittslähmungen hat stetig zugenommen Laut dem Arbeitskreis Querschnittlähmung des DGUV BG Klinikum Hamburg lag der Anteil nicht-unfallbedingter Rückenmarksverletzungen 2018 bei etwa 55 Prozent und der Anteil unfallbedingter Verletzungen bei circa 45 Prozent.
Die häufigsten krankheitsbedingten Ursachen für einen Querschnittslähmung sind:
- Gefäßerkrankungen
- Durchblutungsstörungen
- entzündliche Erkrankungen
- Tumoren
- Infektionen
- Skelettdegeneration
- anderen Erkrankungen, z.B. Multiple Sklerose (MS), Osteoporose
- durch operative Fehler verursachte Rückenmarksverletzungen
Außerdem gibt es noch Fälle von angeborener Querschnittslähmung. Im Vergleich zu den traumatischen und krankheitsbedingten Rückenmarksverletzungen treten sie jedoch sehr selten auf. Belegte Zahlen dazu gibt es nicht, Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass der Anteil von angeborenen Querschnittlähmungen bei unter 1 Prozent der Gesamtzahl liegt.
Wie sehen Diagnose und Behandlung bei einer Querschnittslähmung aus?
Tritt der Verdacht auf Querschnittslähmung auf (nach einem Unfall oder durch eine Erkrankung) müssen Betroffene sofort in eine Klinik gebracht werden. Bestätigt sich die Diagnose, erfolgt in der Regel ein operativer Eingriff, um das eingeklemmte Rückenmark zu entlasten und die Wirbelsäule zu fixieren, denn die Stabilität der Wirbelsäule stellt eine bedeutende Voraussetzung für eine möglichst weitreichende Rehabilitation dar.
In der Folge der Akutbehandlung werden verschiedene fachneurologische Untersuchungen und Messungen der Nerven- und Muskelfunktion vorgenommen und eine komplexe Behandlung eingeleitet.
Leider gibt es bisher keine Methoden, zerrissene oder gequetschte Nervenfasern des Rückenmarks wieder vollständig zu reparieren.
Die Erstbehandlung ist darauf ausgerichtet, Schmerzen zu lindern und die Körperfunktionen des Patienten (Atmung, Kreislauf, Temperatur) zu stabilisieren. Außerdem wird darauf geachtet, eine mögliche Folgeerkrankung zu vermeiden bzw. diese zu therapieren – wie Lungenentzündung, Thrombose, Harnwegsinfekt, Darmverschluss, Gelenkversteifung etc.
Oberstes Ziel der Akutbehandlung ist es, Gewebeschädigungen zu minimieren und möglichst viele Körperfunktionen zu erhalten, damit später eine höchstmögliche Mobilität von Rumpf, Armen und Kopf (je nach Schweregrad der Querschnittlähmung) erreicht werden kann.
Wichtig ist auch, dass der betroffene Patient eine psychotherapeutische Behandlung oder eine psychologische Unterstützung erfährt. Denn nicht selten leiden gelähmte Menschen nach der Querschnittsdiagnose unter Depressionen und Suizidgedanken.
An die Akutbehandlung schließt sich eine längerfristige Rehabilitationsbehandlung. Diese ist entscheidend für die Wiedergewinnung von Funktionen und soll dazu beitragen, dass der Patient so selbstständig und unabhängig wie möglich sein Leben weiterführen kann. Je tiefer die Wirbelsäule verletzt wurde, umso höher ist die Chance, eine größtmögliche Autonomie zurückzugewinnen
Wann ist ein querschnittsgelähmter Mensch
auf Intensivpflege angewiesen?
Generell gilt: Wann ein querschnittgelähmter Mensch auf außerklinische Pflege angewiesen ist, hängt, neben dem Schweregrad der Lähmung, auch von seinem gesundheitlichen Gesamtzustand, seiner psychischen Stabilität und seinem Alter ab.
Aber: Bei einem sogenannten hohen Querschnitt, also ab einer Schädigung des 4. Halswirbels aufwärts, bei der der auch das Zwerchfell mit betroffen ist, ist jeder Betroffene auf Intensivpflege angewiesen.
Das Zwerchfell ist der wichtigste Atemmuskel, der 60 bis 70 Prozent zur Einatmung beiträgt. Wenn das Zwerchfell nicht funktionstüchtig ist, muss der Betroffene dauerhaft beatmet werden. Diese Beatmung erfolgt invasiv über eine Trachealkanüle und stellt ein Verfahren das, das immer im Rahmen einer Intensivpflege erfolgen werden muss.
Diese Intensivpflegerische Betreuung kann zuhause erfolgen oder in einer eigens dafür eingerichteten Intensivpflegeunterkunft, die auf Beatmung und Dauerpflege ausgerichtet ist.
Die Pflege von querschnittsgelähmten Menschen erfordert vom betreuenden Personal besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität, da man sich nicht nur um alle körperlichen Belange, sondern auch intensiv um die psychische Gesundheit der Patienten kümmern muss – erst recht, wenn die Diagnose noch nicht lange zurückliegt.
Auch in Sachen Rehabilitation ist das Pflegepersonal gefordert, da es gilt, dem Betroffenen die noch verbleibende Restmobilität weitestgehend zu erhalten oder sogar wenn möglich zu verbessern. Denn den meisten querschnittsgelähmten Menschen, die dazu noch beatmet werden müssen, ist es wichtig, trotz der Umstände, eine größtmögliche Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu erhalten.
und dem hohen Querschnitt