Wachkoma / Apallisches Syndrom

Jedes Jahr fallen in Deutschland Menschen in ein Wachkoma. Laut einer Schätzung der Deutschen Wachkoma Gesellschaft gibt es in Deutschland aktuell etwa 14.000 Wachkoma-Patienten. Dabei soll jährlich die Zahl der neuen Patienten hinzukommen. Der Grund für den schleichenden Anstieg ist, dass Kranke und Verletzte in Notfällen immer häufiger durch Wiederbelebung vor dem Tod gerettet werden, jedoch infolge des entstandenen Sauerstoffmangels in ein Wachkoma fallen. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Wachkoma-Patienten liegt bei etwa fünf Jahren. Einer von zehn Patienten findet nach einiger Zeit wieder in ein selbstbestimmtes Leben zurück – wenn auch eventuell mit einigen kognitiven oder motorischen Einschränkungen.

Was genau ist das Wachkoma?
Und worin liegen die Ursachen?

Wachkoma, medizinisch auch als Apallisches Syndrom oder Coma vigile bezeichnet, ist ein neurologische Erkrankung, welches durch eine ernsthafte Schädigung des Gehirns hervorgerufen wird.

Mögliche Ursachen für ein Wachkoma könnten sein:

  • Verkehrsunfall
  • Hirnblutung
  • Schlaganfall
  • Infektionen des Gehirns
  • Sauerstoffmangel (z.B. bei einer Reanimation)

Ein Wachkoma folgt oftmals auf ein Koma. Während die Patienten im Koma beatmet werden müssen, sind sie im Wachkoma in der Lage, selbstständig zu atmen. Das liegt daran, dass bei einem Wachkoma die Funktion des Großhirns zwar erloschen ist, die des Hirnstamms, des Zwischenhirns und des Rückenmarks jedoch erhalten bleiben. Die vom Hirnstamm gesteuerten vegetativen Aufgaben wie Atmung, Temperatur- und Herzkreislaufregulation sind daher weitestgehend funktionstüchtig. 

Daher kann man sagen, dass das Wachkoma eine Form des Komas ist, in dem der Mensch gewisse Reflexe und Bewegungen zeigt, jedoch nicht bei Bewusstsein ist. Stattdessen befindet er sich in einem Zustand zwischen tiefer Bewusstlosigkeit und Wachsein.

Wachkoma Patienten können die Augen öffnen (wenn sie nicht gerade schlafen), fixieren damit aber keinen Punkt und reagieren auch nicht mit Lauten oder Bewegungen auf Einflüsse von außen. Nahrung können sie nicht selbstständig aufnehmen und müssen über eine Sonde künstlich ernährt werden. Außerdem besteht eine Harn- und Stuhlinkontinenz.

Hinweis:

Das Locked-In-Syndrom und der Hirntod haben nichts mit einem Wachkoma zu tun. Patienten die sich im Locked-In-Syndrom befinde sind wach und kontaktfähig, erwecken wegen ihrer weitestgehenden Bewegungsunfähigkeit jedoch den Eindruck, im Wachkoma zu liegen. Eine Kommunikation über Augenbewegungen kann aber möglich sein. Im Gegensatz dazu, kommt es beim Hirntod zum vollständigen und irreversiblen Ausfall des Gehirns. Alle Funktion des Gehirns sind einstellt, so dass der Patient künstlich beatmet werden muss.

Das Phänomen Wachkoma stellt auch heute noch viele Experten vor ein Rätsel. Ob Betroffene etwas von ihrer Umwelt bewusst wahrnehmen und wenn ja, wie viel und was genau in ihrem Gehirn vor sich geht, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Umso wichtiger ist es, mit diesen Menschen einen liebevollen und sensiblen Umgang zu pflegen.

Wie sieht die Therapie von Wachkoma-Patienten aus?

Die Behandlung von Wachkoma-Patienten erfolgt in verschiedenen Phasen, je nach Zustand des Patienten. Diese Phasen können zu unterschiedlichen Zeiten einsetzen:

Phase 1: Akutbehandlung

In der Akutphase geht es um die Stabilisierung der Vitalfunktionen und darum, das Überleben des Patienten zu sichern. Zunächst werden die ursächlichen Faktoren des Wachkomas behandelt. Zudem wird ein Luftröhrenschnitt durchgeführt und ein Katheter angelegt. Die künstliche Ernährung erfolgt nun durch die Bauchwand, um die Lebensfunktionen zu erhalten. Wenn die Patienten nach einigen Wochen die Intensivstation verlassen, erfolgt die weitere Betreuung in entsprechenden Pflegeeinrichtungen oder zu Hause mit einem häuslichen Pflegeteam.

Phase 2: Rehabilitation

Nach dem Ende der Akutbehandlung beginnt die Rehabilitation. Je früher ein Patient damit beginnen kann, desto größer sind die Chancen auf eine Heilung oder zumindest auf eine Besserung des Zustands. In dieser Phase soll durch eine intensive Behandlung einen Zustand erreicht werden, in dem der Betroffene so weit wie möglich wieder Kontrolle über bestimmte Körperfunktionen gewinnt. Der Patient erhält dafür ergotherapeutische, physiotherapeutische und neuropsychologische Behandlungen. Auch Musiktherapie wird immer häufiger eingesetzt. In der Regel dauert diese Phase zwischen einem Monat und einem Jahr. In der Zeit wird beobachtet, ob und in wie weit sich der Zustand des Patienten verbessert.

Phase 3: Aktivierende Dauerpflege

Die dritte Phase konzentriert sich vor allem auf eine bestmögliche Schaffung normaler Lebensbedingungen und auf eine umfassende Beratung der Angehörigen. Dem Betroffenen soll mit der so genannten aktivierenden Dauerpflege die Möglichkeit gegeben werden, durch die Anwendung spezieller Pflegetechniken einen Fortschritt auf dem Weg der Genesung zu erlangen und unter Umständen einen anderen Bewusstseinszustand zu erlangen.

ABER: Inwiefern sich der Zustand eines Wachkoma-Patienten verbessern wird, lässt sich kaum prognostizieren. Je länger die Störung dauert, umso geringer sind die Aussichten einer Genesung. Bei Kindern und jungen Erwachsenen ist die Chance auf Besserung jedoch höher als bei älteren Menschen.

Was ist bei der Pflege von Patienten mit dem
Apallischen Syndrom zu beachten?

Menschen im Wachkoma sind eine ganz besondere Patientengruppe, da ihre außerordentliche physische und psychische Verletzlichkeit hohe Anforderungen an die pflegerischen und therapeutischen Mitarbeiter stellt.

Verlässt der Wachkoma-Patient die Intensivstation, müssen die Angehörigen entscheiden, ob die Pflege des Patienten daheim in Vollzeit-Intensivpflege oder in einer speziellen Intensivpflege Wohngruppe erfolgen soll. Es ist wichtig, beide Optionen sorgfältig abzuwägen, um die beste Lösung zu finden. Diese sollte sich immer nach dem individuellen Fall und den Bedürfnissen des Patienten richten. In jedem Fall ist es entscheidend, dass die Familie des Patienten und das Pflegeteam eng zusammenarbeitet und in regem Austausch steht.

Auch wenn Wachkoma-Patienten nicht aktiv am Leben teilhaben können, benötigt sie ein liebevolles, achtsames und warmherziges Umfeld. Berührungen, Gerausche und Gerüche stimulieren das Hirn auch im Wachkoma und haben einen entscheidenden Einfluss auf den Zustand des Patienten. Das heißt, selbst wenn der Patient keine oder nur minimale Reaktionen zeigt, sollte ihm seine Familie und das Pflegepersonal viel Aufmerksamkeit und Zuneigung zukommen lassen.

Das geschulte Pflegepersonal sollte im Umgang mit dem Wachkoma-Patienten zudem sehr aufmerksam und konzentriert sein, um auch kleinste Veränderungen im Bewusstsein der Betroffenen zu bemerken. Denn bereits eine Pupillenbewegung oder ein Augenbrauenzucken kann einen Entwicklungsschritt nach vorn anzeigen.

Lässt man den Wachkoma-Patienten eine einfühlsame, individuelle, aufmerksame und kompetente Rund-um-die-Uhr-Versorgung zukommen, kann das entscheidend zur Besserung ihres Gesamtzustands und ihrer Lebenssituation beitragen. Denn auch wenn die Chance auf eine völlige Regeneration überschaubar ist, sind sich viele Experten doch einig, dass sich selbst ein schwer geschädigtes Gehirn wieder (teilweise) regenerieren kann – wenn man den Patienten ein liebevolles und stimulierendes Umfeld bietet.

Überleitungsteam der Linimed Gruppe

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